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In
einem zweiten, den Zeichnungen nachgeschalteten Prozess nun transformiert
Volker Saul seine Zeichnungen in die raumgreifenden Wandmalereien seiner
monumentalen Remixes. Vom kräftig-leuchtenden Farbbad
der monochrom gefassten Wände energetisch aufgeladen, entstehen erneut
bizarre Körper von nun geradezu haptischer Qualität.
Er verwendet dabei die in den Zeichnungen gefundenen Formen wieder, doch
zerlegt er diese in einzelne Bestandteile Linienstücke gewissermaßen
und baut sie anschließend wie schon die Zeichnungen
dem Gesetz des gesteuerten Zufalls. Volker Saul arrangiert
kein Element der Wandmalereien nach einem vorher festgelegten Bauplan,
sondern das Prozessuale der Synthese ist das eigentliche Werk: das Zusammenbauen
und dabei Entstehen-Sehen. Ein stückweiter Wiedererkennungseffekt
nach dem Prinzip eines abstrakten Memory-Spieles ist zwar beabsichtigt,
doch steckt der Reiz für Volker Saul darin, das konkret identifizierbare
Assoziationspotential möglichst gering zu halten.
Dieses Spiel mit dem Wiedererkennungseffekt ist jedoch weit mehr als nur
das Bindeglied zwischen den Modulen der Zeichnungen und der Malereien:
In ihm verbirgt sich das Prinzip, das System, das die (aktuelle) Schaffenswelt
von Volker Saul im Innersten zusammenhält.
Wir werden Zeugen einer heiteren Evolution, die unendliche Reihen von
Varianten und Mutationen, niemals aber stereotype Wiederholungen hervorbringt:
Keimzellen, vollgesogen mit satter Farbigkeit, scheint man ihn ihrem explodierenden
Werden und welkenden Vergehen beobachten zu können wie emsig wimmelnde
Existenzen in der dreidimensionalen Aufnahme eines Rasterelektronenmikroskops.
Im nächsten Moment fühlt man sich auch an ein überdimensionales
Kaleidoskop, an Wesen aus der Comic-Welt und vieles mehr erinnert. Das
Gehirn meldet die wildesten Assoziationen weil es muss: Ganz automatisch
sucht es den Sinn der vorgefundenen, visuellen Information zu entschlüsseln.
Sowohl die naturwissenschaftlichen Assoziationen als auch die Anklänge
an Kaleidoskope oder Comics stellen sich nicht zuletzt wegen der neuerlichen
Perfektion und Präzision ein, mit der Volker Saul seine Gebilde scherenschnittartig
aus dem Farbmeer seziert, während die Umgebung großzügig
monochrom gefasst wird. Auch hier verlässt Volker Saul die herkömmlichen
künstlerischen Techniken, ja selbst die Gattung als solche: Es
sind verschiedene Elemente: Zeichnung, Malerei, Installation. Verschiedene
Dinge sind zueinander in Beziehung gesetzt.
Er spielt mit der Symbiose von ästhetisch-minimalistischen Liniengebilden
und der suggestiven Wirkung monumentaler Farbflächen, scheidet gewissermaßen
ein Außen von einem Innen. Die Körper
tanzen und taumeln in dem nur über die Farbe definierten Raum, sind
scheinbar in der Lage, sich wider alle perspektivischen Gesetze aus der
Raumflucht herauszudrehen. Die geradezu haptische Plastizität suggeriert
Volker Saul allein durch vereinzelte, kleine Schraffuren in den scharfen
Konturen, ohne jegliches Modellieren mit Licht oder Schatten.
An diesen Konturen konkurrieren die von Volker Saul jeweils zusammengestellten
Farbkonstellationen. In der optischen Wahrnehmung mischt das Auge die
allerdings nur zum Teil komplementären Farbwerte: Die
weiße Linie zwischen einem schwarzen und einem roten Feld erscheint
grünlich, eine schwarze Linie zwischen einem weißen und einem
grünen Farbfeld erscheint rötlich. Zudem kann das menschliche
Auge die klaren Trennlinien nie ohne ein gewisses, Flimmern betrachten.
Volker Saul verstärkt dieses Vibrieren durch den Einsatz von besonders
harten Kontrastfarben: Auf Schwarz etwa folgt grelles Gelb, auf Rot ein
blendendes Weiß. Regeln gibt es dabei keine die Positiv-
und Negativensembles von Volker Saul werden dabei lediglich aus einem
konsequenten Dreiklang zusammengesetzt, der eine oder zwei Buntfarben
mit Weiß oder Schwarz kombiniert.
Mittels dieses simplen Farbschemas ist Volker Saul in der Lage, verschiedene
Erscheinungsformen dieser Zellgebilde entstehen zu lassen: Einmal erstrahlt
der Nukleus im unberührten Weiß oder ballt sich in pulsierendem
Schwarz, während sich jenseits seiner flirrenden Zellwände ein
wahrer Ozean aus plakativem Gelb, Rot, Orange oder Grün erstreckt.
Im umgekehrten Fall glüht der knallbunte Zellkern in
wandweißer Umgebung.
Das überzeugende Modulprinzip kommt ohne Verständnisbarrieren
zwischen Künstler und Betrachter aus. Das macht die Kunst von Volker
Saul so einladend und unmittelbar.
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