Seit
den 80er Jahren arbeiten zahlreiche Videokünstler mit monumentalen
Inszenierungen, bei denen die räumliche Präsenz der skulpturalen
Elemente dominiert und der Betrachter über die formale und inhaltliche
Spannung von Videotechnik und Skulptur ganz unmittelbar zu einer ästhetischen
Erfahrung geführt wird. Bei den Videoinstallationen von Annebarbe
Kau hingegen ist eine auffallende Zurückhaltung im Gebrauch dieser
starken Strategien festzustellen. Ihre Arbeiten strahlen stattdessen
eine emotionale und poetische Nähe aus, welche die Künstlerin
mit dem Begriff Weichheit umschrieben hat. Als künstlerische
Entscheidung gegen monumentale Inszenierungen ist die Haltung Annebarbe
Kaus durchaus von einer kritischen Distanz geprägt gegenüber
festen Strukturen, sofern ihnen Offenheit, Mehrdeutigkeit und Veränderbarkeit
fehlen.
Der sehr abwägende und auf Synthese zielende Umgang mit Videotechnik,
Skulptur und Raum zeigt sich deutlich in der jüngsten Videoinstallation
Das Haus von 1990, einem schmiedeeisernen Stahlgehäuse,
in dem ein blau leuchtender Monitor mit ruhig rhythmisiertem Videobild
aufgehängt ist. Zu der Arbeit hat die Künstlerin eine Reihe
kleiner Modelle aus Gips und Draht angefertigt. Trotz ihrer formalen Eigenständigkeit
wirken sie wie Vorstudien, in denen unterschiedliche skulpturale Konzepte
und räumliche Lösungen durchgespielt werden, die dann in der
Videoinstallation strukturell miteinander verschmelzen. Neben reinen Gipsmodellen,
die wegen ihrer geringen Größe und zarten Oberflächenzeichnung
eher etwas Zerbrechliches denn etwas Kompaktes an sich haben, finden sich
Modelle mit Sockeln, und schließlich die filigranen Drahtgebilde,
die dem metallenen Gehäuse formal am nächsten stehen. Der besondere
Reiz eines der in Gips geformten Modelle besteht darin, daß es einen
Aspekt der Videoinstallation in einer Art Negativform vorführt: eine
durchgehende, fensterartige Öffnung wurde hier an der Stelle angebracht,
wo im Gehäuse dann der Monitor hängt.
Bei der Installation selbst wurde der Monitor in seiner zweifachen Funktion
als plastisches Objekt und als Bildschirm eingesetzt. Das Haus
thematisiert in ambivalenter Offenheit Einblick und Ausblick und wird
zu einem vieldimensionalen Bezugspunkt für den Betrachter. Der blaue
Lichtschein nimmt eine materielle Qualität an, während Zeit
durch das Videoband erlebbar wird, auf dem ruhige Bildsequenzen mit gleißenden
Lichtreflexen in einem blauen Farbraum ablaufen. Diese sanften,
mit einem sparsamen, aber streng kalkulierten Einsatz künstlerischer
und technischer Effekte arbeitenden Inszenierungen sind kennzeichnend
für Annebarbe Kaus Videoarbeiten. Ihre offene Struktur läßt
Platz für die Imagination des Betrachters, der eigene Assoziationsketten
und Bilder aufbauen kann.
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