"Nur
wer auf den Augen musikalisch ist, versteht meine Bilder." In der
ihm eigenen, sanften wie treffsicheren Ironie appellierte der 1928 in
Mannheim geborene Karl Bohrmann einmal an den Betrachter seiner Kunst.
Aus der synästhetischen Forderung spricht auch die ungewöhnliche
Doppelbegabung des 1998, kurz nach seinem siebzigsten Geburtstag in Köln
verstorbenen Künstlers. Mit Karl Bohrmann verlor die Kunstwelt einen
überaus bedeutenden Zeichner, Maler und Fotografen, zugleich einen
bemerkenswerten Komponisten von Neuer Musik. Die enorme Schaffenskraft
Karl Bohrmanns blieb fast bis zum Ende seines Lebens ungebrochen.
Subtilität und Klarheit, heitere Beschaulichkeit und tiefer Ernst
prägen das zeichnerische, malerische und fotografische uvre
von Karl Bohrmann, das wie die Musik von Zyklen und Variationen bestimmt
ist und zwischen der Geometrisierung des Raumes sowie dessen totaler Auflösung
auf faszinierende Weise oszilliert. Ausgesucht ist das Repertoire von
Motiven, dessen Bohrmann sich höchst spielerisch bedient: ein Stuhl,
ein Tisch, eine Lampe, ein Fenster, ein Gefäß, ein Raum, ein
Haus, eine Leiter, ein Baum, ein Strand, das Meer, die Berge, und immer
wieder eine Frauengestalt.
Plaziert in knapp definierte Umräume werden all seine Sujets am Ende
zu Landschaften, zumal es letztlich innere Landschaften sind, um die es
Bohrmann in seinen sehr zarten, gleichzeitig dezidiert gesetzten Bildwelten
geht. Ähnlich verblüffend entfaltet sich eine Symbiose von Motiv
und Bildgrund in den Collagen und Zeichnungen auf benutzten Papieren,
wie Rechnungen, Briefen mit Zeichnungen, Zahlenkolonnen, Texten. Auf dem
von Vergänglichkeit gezeichneten Bildgrund verwandeln sich die Figurationen
oft auch zu Schriftzeichen. Der Reiz solcher Vorlagen bestand für
Bohrmann stets darin, daß sie nicht für die Kunst gedacht waren.
Karl Bohrmann lebte unter anderem in München, Frankfurt, Düsseldorf,
Amsterdam und Köln, war Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen
Künste und lehrte an der Städelschule in Frankfurt, er war Ehrengast
der Villa Massimo und wurde international ausgezeichnet. Wichtig für
sein Schaffen war die Herausgabe von Büchern mit seinen Zeichnungen
und aphoristischen Schriften.
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