„Mädels“ (23.02. – 15.04.2006) : Pressetext
Von Anina Baum



Pünktlich zu Altweiber locken „Mädels“ in die Ausstellungsräume der Galerie Gabriele Rivet. In der Gruppenausstellung, bei der insgesamt 42 Künstlerinnen und Künstler (!) vertreten sind, werden zeitgenössische Standpunkte zum thematischen Schwerpunkt „Mädels“ auf den Gebieten der Malerei, Zeichnung, Skulptur, Installation, Video und Fotografie über insgesamt vier Ausstellungsräume vorgestellt.

Wie fühlen sich Mädchen heutzutage? Wie schmal ist der Grad zwischen Mädchen und Frau? Welche Rolle nimmt man –oder besser gesagt frau- in der Gesellschaft ein? Welcher Erwartungshaltung ist man ausgesetzt? Wie wird man vom Umfeld, insbesondere auch aus männlicher Sicht, wahrgenommen, wofür benützt? Mit derartigen Fragestellungen sieht man sich in Zeiten von Gender, Geschlechterdifferenz und Gleichberechtigung konfrontiert. Eine eindeutige Zuweisung einer spezifischen Rolle, die ein Mädchen oder eine Frau einnehmen muss oder sollte, ist aus post-emanzipatorischer Sicht nicht mehr zu vertreten, nicht legitim. Die Welt liegt frau zu Füßen, alle Möglichkeiten stehen ihr offen. „Wer oder doch was“, fragt sie sich, „bin ich überhaupt? Bis wann Mädchen, ab wann Frau? Wo liegen die Parameter zwischen allgemeinem Rollenvertsändnis und dem individuellen Status Quo?“ Es stellen sich also das Problem und die Frage nach der eigenen Identität. Der Vielfalt an Möglichkeiten folgt demnach auch die Schwierigkeit ihrer Auswahl.

Die Qual der Wahl bei der Findung sowie Bildung der Persönlichkeit kann angesichts der Erwartungshaltung von außen, aber auch der an sich selbst für ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle sorgen. Diese unterschiedlichen Empfindungen und Sinneseindrücke haben die Künstlerinnen und Künstler internationaler Herkunft in ihren Arbeiten eingefangen. Aus extremer Nähe auf der einen Seite, mit der nötigen Distanz auf der anderen, mit einer gehörigen Portion Witz und Ironie, mit dem erforderlichen Ernst andererseits beziehen sie Stellung zu genannten Aspekten, wodurch unterschiedlichste Stimmungslandschaften in den einzelnen Räumen erzeugt werden.

Schon von außen, durch die Fenster sichtbar, fordert eine Lichtarbeit dazu auf, sich beim Eintreten in die Galerie auf „Grosse Gefühle“ einzulassen. Wird man sich in einem Raum der Chance von Individualität und Verschiedenheit bewusst, erfährt man andererseits die Eventualität drohender Nivellierung und Anpassung. Der nächste Raum spielt nicht nur mit dem Kontrast zwischen dem eigenen Wunsch, sondern auch mit der von außen geforderten Notwendigkeit nach Perfektion, Vollendung. Gleichzeitig wird die noch unvollkommene Entwicklung von Mädchen aufgezeigt – totale Offenheit und Empfänglichkeit, die gleichzeitig mögliche Verletzbarkeit und Manipulation bedeuten bzw. veranlassen kann. Ambivalente Eindrücke ergeben sich – einerseits der Wunsch nach der Verspieltheit und Arglosigkeit eines Mädchens, eines Kindes, andererseits das Verlangen nach Souveränität und Konsequenz, um sich in männerdominierten Bereichen in unserer Gesellschaft durchzusetzen. Absolute Ehrlichkeit und Intimität offenbaren sich dem Betrachter schließlich im letzten Raum und entlassen ihn mit der alles entscheidenden Frage: Mädchen/Frau – Frau/Mann: Gegensätze in sich, die den jeweils anderen Part konsequent ausschließen, nicht zulassen oder doch eher Paare, deren beide Teile sich zur Existenz bedingen?

Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler:
Johanna Abraham, Anna Anders, Yukako Ando, Kati Barath, Avital Bar-Shay, Mercedes Barros, Louisa Blankenburg/Maren Buchholz, Karl Bohrmann, Mireille Brouwer, Mirja Busch, Walter Dahn, Piotr Dluzniewski, Lutz Ellerbrock, Belu-Simion Fainaru, Jårg Geismar, Tina Haase, Young Sun Han, Noritoshi Hirakawa, Karin Hochstatter, Felix Stephan Huber, Kalaman, Annebarbe Kau, In Sook Kim, Pat Manon, Mika Miura, Kyoko Murase, Irena Paskali, Lena Pemöller, Karin Sander, Volker Saul, Teresa Serrano, Frances Scholz, Sekimoto Koji, Beat Streuli, Rosemarie Trockel, Sumi Maro, Hentie van der Merwe, Katharina van Hoffs, Heike Weber, Charles Worthen

Begleitprogramm:
Begleitend zur Ausstellung findet am Samstag, den 11.03.2006 um 18.00h eine Lesung von Anja Fröhlich statt, zu der alle Mädels und Jungs herzlich eingeladen sind.