Black & White: Thematische Ausstellung

Besprechung der Ausstellung in der Galerie Gabriele Rivet, Köln (30.01. - 27.03.2004).

In: Kölner Stadt-Anzeiger vom 20.02.2004, S. 23.

Schwarz und Weiß. Eine Gruppenausstellung in der Kölner Galerie Rivet.
Von Ulrike Jagla-Blankenburg


Zum Ausstellungstitel "Black & White" lässt sich vieles assoziieren - zu vieles, möchte man meinen. Das fundamentale Gegensatzpaar bezeichnet bekanntlich den Schnitt, die scharfe Abgrenzung und die schnelle Position. An Schwarz-Weiß scheiden sich auch die Geister. Das plakative Kontrastmuster findet sich allerorts; subkutan oder ganz offensichtlich, bestimmt Denken und Handeln im persönlichen Alltag wie im öffentlichen Leben, prägt Wahrnehmung und Wahrnehmbares, formt Strategien und schreibt Geschichte.
Die umfangreiche Gruppenschau präsentiert mehr als 40 Künstler mit rund 70 Arbeiten, darunter Bilder, Skulpturen, Zeichnungen, Fotografie und Video.Auch mit zum Teil neuen, raumbezogenen Arbeiten liefert die Ausstellung den Beweis, dass "Schwarz-Weiß" eben nicht nur verschließt und vorschnell besiegelt, sondern zu vielschichtigen Reflexionen anregen kann.
In diesem Sinne also: "Think Colour" lautet der Titel einer 15-teiligen Fotoarbeit des Schweizer Künstlers Peter Wüthrich, der gedruckte Farbbegriffe in stark vergrößerten Worten aneinanderreiht, jeweils aufgezogen auf kompakten MDF-Platten hinter Plexiglas. Seine schwarz-weiß gefasste Aufforderung zu erweitertem Denken mahnt hier anschaulich an festgefahrene Sichtweisen. Auch Annebarbe Kaus audio-visuelle Installation führt mit einer eindringlichen Ja / Nein-Konfrontation die gnadenlose Enge des einmal Besiegelten vor.
Den alles trennenden Schnitt hingegen setzt die Videokünstlerin Anna Anders in Szene. In rasanter Abfolge fokussiert das Video allein ihre Hand, die den Cutter durch immer neue Papierblätter zieht - was obendrein noch von scharfen Schneidetönen untermauert wird.

Tiermotive von Labels


Bei der Beleuchtung von stereotypen Kontrasten dürfen die karierten Bilder von Hentie van der Merwe nicht fehlen. In seinen raffinierten Aquarellen inszeniert der in Namibia geborene Künstler einen aus dem Ruder geratenen Rapport, der in versetztem Schwarz-Weiß-Karo Tiermotive von Firmenlabels durchscheinen lässt.
Dass sich Schwarz-Weiß aber nicht zuletzt als politisch verhängnisvolles Vermächtnis, sozusagen als blutroter Faden durch die Geschichte zieht, wird ebenso reflektiert. Ein Siebdruck von Rosemarie Trockel spielt auf die wohl folgenschweste Schwarz-Weiß-Problematik deutscher Geschichte an. Die starren, geometrischen Verflechtungen, die insgesamt aber ein fließendes Netzwerk ergeben, verweisen auf ihre Installation in der Synagoge Stommeln (2003). Dort zeigte die zwischen Minimalismus und Op-Art angesiedelte Wandarbeit jene abstrakt-ornamentale Tradition im Jüdischen an, die sich letztlich aus dem Bilderverbot ableiten lässt. Trockels ornamentale Zitate verwiesen auch auf geschlechtsspezifische Ritualisierungen an jenem Ort.
Marcel Odenbach präsentiert mit seiner zweiteiligen Videoinstallation "Im Auge behalten" die erschreckende Distanz zwischen schwarzem und weißem Mann, noch untermauert mit hinlänglich bekannten Dokumentaraufnahmen aus der Geschichte von Unterwerfung und Rassenkrieg in Afrika und USA. Bedrohlich misstrauend beäugt dort der Weiße den Schwarzen aus dem Hinterhalt.
Insgesamt zeichnet die Ausstellung ein nicht nur vielschichtiges Bild der künstlerischen Positionen zum Thema Schwarz-Weiß, sondern beleuchtet vor allem das eigentlich zeitlose Phänomen der begrifflichen Gegenüberstellung auf hoch aktuellem Niveau.