Schwarz
und Weiß. Eine Gruppenausstellung in der Kölner Galerie Rivet.
Von Ulrike Jagla-Blankenburg
Zum Ausstellungstitel "Black & White" lässt sich vieles
assoziieren - zu vieles, möchte man meinen. Das fundamentale Gegensatzpaar
bezeichnet bekanntlich den Schnitt, die scharfe Abgrenzung und die schnelle
Position. An Schwarz-Weiß scheiden sich auch die Geister. Das plakative
Kontrastmuster findet sich allerorts; subkutan oder ganz offensichtlich,
bestimmt Denken und Handeln im persönlichen Alltag wie im öffentlichen
Leben, prägt Wahrnehmung und Wahrnehmbares, formt Strategien und
schreibt Geschichte.
Die umfangreiche Gruppenschau präsentiert mehr als 40 Künstler
mit rund 70 Arbeiten, darunter Bilder, Skulpturen, Zeichnungen, Fotografie
und Video.Auch mit zum Teil neuen, raumbezogenen Arbeiten liefert die
Ausstellung den Beweis, dass "Schwarz-Weiß" eben nicht
nur verschließt und vorschnell besiegelt, sondern zu vielschichtigen
Reflexionen anregen kann.
In diesem Sinne also: "Think Colour" lautet der Titel einer
15-teiligen Fotoarbeit des Schweizer Künstlers Peter Wüthrich,
der gedruckte Farbbegriffe in stark vergrößerten Worten aneinanderreiht,
jeweils aufgezogen auf kompakten MDF-Platten hinter Plexiglas. Seine schwarz-weiß
gefasste Aufforderung zu erweitertem Denken mahnt hier anschaulich an
festgefahrene Sichtweisen. Auch Annebarbe Kaus audio-visuelle Installation
führt mit einer eindringlichen Ja / Nein-Konfrontation die gnadenlose
Enge des einmal Besiegelten vor.
Den alles trennenden Schnitt hingegen setzt die Videokünstlerin Anna
Anders in Szene. In rasanter Abfolge fokussiert das Video allein ihre
Hand, die den Cutter durch immer neue Papierblätter zieht - was obendrein
noch von scharfen Schneidetönen untermauert wird.
Tiermotive von Labels
Bei der Beleuchtung von stereotypen Kontrasten dürfen die karierten
Bilder von Hentie van der Merwe nicht fehlen. In seinen raffinierten Aquarellen
inszeniert der in Namibia geborene Künstler einen aus dem Ruder geratenen
Rapport, der in versetztem Schwarz-Weiß-Karo Tiermotive von Firmenlabels
durchscheinen lässt.
Dass sich Schwarz-Weiß aber nicht zuletzt als politisch verhängnisvolles
Vermächtnis, sozusagen als blutroter Faden durch die Geschichte zieht,
wird ebenso reflektiert. Ein Siebdruck von Rosemarie Trockel spielt auf
die wohl folgenschweste Schwarz-Weiß-Problematik deutscher Geschichte
an. Die starren, geometrischen Verflechtungen, die insgesamt aber ein
fließendes Netzwerk ergeben, verweisen auf ihre Installation in
der Synagoge Stommeln (2003). Dort zeigte die zwischen Minimalismus und
Op-Art angesiedelte Wandarbeit jene abstrakt-ornamentale Tradition im
Jüdischen an, die sich letztlich aus dem Bilderverbot ableiten lässt.
Trockels ornamentale Zitate verwiesen auch auf geschlechtsspezifische
Ritualisierungen an jenem Ort.
Marcel Odenbach präsentiert mit seiner zweiteiligen Videoinstallation
"Im Auge behalten" die erschreckende Distanz zwischen schwarzem
und weißem Mann, noch untermauert mit hinlänglich bekannten
Dokumentaraufnahmen aus der Geschichte von Unterwerfung und Rassenkrieg
in Afrika und USA. Bedrohlich misstrauend beäugt dort der Weiße
den Schwarzen aus dem Hinterhalt.
Insgesamt zeichnet die Ausstellung ein nicht nur vielschichtiges Bild
der künstlerischen Positionen zum Thema Schwarz-Weiß, sondern
beleuchtet vor allem das eigentlich zeitlose Phänomen der begrifflichen
Gegenüberstellung auf hoch aktuellem Niveau.
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