Sumi Maro: Ausstellungsbesprechung in Stadt Revue vom September 2003, S. 79 (Abb.)
"Gemalte Obsessionen. Sumi Maro liebt Fatiah bei Gabriele Rivet." Von: Renate Roos.

"Darf ich Sie um etwas bitten? "Mit diesen Worten sprach der japanische Künstler Sumi Maro 1995 auf der ArtCologne eine junge Frau an, die sich in der Koje der Kölner Galeristin Gabriele Rivet umsah. Die Frau namens "Fatiah" sollte in einer Performance die Rolle einer Domina spielen. Fatiah hörte sich" ja" sagen und war im nächsten Moment entsetzt, erinnert sie sich Jahre später. Für Sumi Maro war es jedoch eine "Liebe auf den ersten Blick", die er seitdem in seinen Bildern auslebt.
Acht Jahre später widmet er eine Ausstellung jener Muse, die ihn damals küsste. "I love Fatiah" erzählt die Geschichte einer künstlerischen Annäherung an einen Menschen, der sich mehr und mehr in eine Ikone verwandelt hat. Die dreiteilige Ausstellung eröffnet mit "Wege zu Fatiah", in deren Arbeiten er die Muse immer und immer wieder malt, allgegenwärtig und gleichzeitig unerreichbar für den Künstler. Fatiah erscheint erwachsen, elegant mit gleichmäßigen Gesichtszügen, rotgeschminkten Lippen und intensivem Blick aus großen schönen Augen. Fortwährend verändert Maro die Kleidung oder ihre Frisur, bettet sie liebevoll in die Szenerie einer Gartenlandschaft oder hängt ihr Konterfei als Bild an die Wand eines "Schöner-Wohnen-Interieurs".
Im zweiten Teil, "Fatiah`s Dream", lässt er sie auf Gemälde bekannter Künstler wie Liechtenstein, Klee oder Giotto treffen. Hier zeigt sich einmal mehr die Fähigkeit Sumi Maros als genialer Kopist, mit der er in Köln bereits 1999 Furore machte. Damals duplizierte er ganz im Sinn mittelalterlicher Auftragskunst für einen Sammler eine Kopie der berühmten 1529 entstandenen Alexanderschlacht von Albrecht Altdorfer. Auch hier erschien eine seiner Musen: Er gab dem flüchtenden Perserkönig Darius das Bild seiner damaligen Inspirationsquelle "Aoki" mit auf den Weg und verwandelte damit die Kopie in ein zeitgenössisches Kunstwerk. Die Verbindung der Muse mit der Arbeit des Künstlers verdeutlich, dass Sumi Maro ein ganz und gar klassisches Verständnis der Muse, als Quelle künstlerischer Inspiration, vor Augen schwebt. In der äußerlichen Idealisierung Fatiahs transformiert er die antike Vorstellung von der Muse als Göttin in den Kontext einer modernen Ikone.
Der dritte Teil der Ausstellung "Fatiah-heiliger Ort in Gent" versetzt die Angebetete ins 15. Jahrhundert, genauer in Jan van Eycks "Madonna des Kanonikus Georg van der Paela", einem Gamälde mit dem sich der Japaner seit Jahren obsessiv auseinandersetzt. Wie bereits die Alexanderschlacht stellt die Arbeit eine minutiöse Kopie des Vorbilds dar, in die Maro kleine farbliche - formale Abweichungen einbaut- und natürlich Fatiah, die zum Bild gehört, als sei sie schon immer dort gewesen.