Volker Saul: Ausstellungsbesprechung in: Kölner Stadt Anzeiger vom 31. Juli 2003
"Schön wie eine schillernde Schlangenhaut. Volker Saul zeigt neue Arbeiten in der Kölner Galerie von Gabriele Rivet".
Von Jürgen Kisters.
 

Welche Variationen mit einem im Grunde sparsamen künstlerischen Ansatz möglich sind, demonstriert Volker Saul (Jg. 1955 und soeben mit dem Kunstpreis des Kreises Düren ausgezeichnet). Nachdem er vor Jahren aus der Schriftgeste plastische Zeichen entwickelte, ließ er sie in monochromer Farbigkeit und vielen Versionen über Wand und Boden sich schlängeln als einzelne Formkörper oder in mehrteiligen Ensembles in Rot, Schwarz, leuchtendem Blau oder Gelb.
Als freie, flüssige Gesten umspielen diese schwungvollen Formkörper das Phänomen der Schrift und fordern auf, in der weit vom Lesbaren entfernten Geste nach der Möglichkeit von Bedeutungen zu suchen und das unbekannte Alphabet mit dem Wissen des bekannten Alphabets zu entziffern. Dass der Künstler das Verlangen nach Erkennen ins Leere laufen lässt, steigert nur die konzentrierte Kraft der präzise konturierten Farbobjekte, die bisweilen so einfach wie ein Logo erscheinen, dann wieder so tückisch wie ein sich windender Wurm.
In seinen neuesten Arbeiten ist Saul in das verschlungene Reich der Vielfarbigkeit eingestiegen, was den geschlängelten Formkörpern eine neue Bedeutungsnote gibt. Florale Farbigkeiten und die fantastischen Musterungen aus der Tierwelt scheinen auf. Die Vergrößerung einer elektronenmikroskopischen Winzigkeit kommt ebenso in den Sinn wie die Erkenntnis, dass Farbe nicht nur die Oberfläche der Dinge bestimmt, sondern Körper und Formen von Farben durchdrungen sind. Und anders als in Sauls monochromen Arbeiten schleicht sich unweigerlich die Fantasie von Gegenständlichem ein. Die handwerklich sorgfältige Machart verstärkt den Eindruck, dass all diese kurios-schönen Teile aus einem Guss und trotz ihrer Künstlichkeit einem Naturereignis ähnlich sind, einer schillernden Schlangenhaut, einem Steineschimmern. Nahezu perfekt lassen sich die plastischen Form-Farb-Konzentrate überall im Raum platzieren: dicht unter der Decke, in einer entlegenen Nische, über der Tür. Gerade am Rand, in der anfänglichen Unscheinbarkeit, entwickeln sie ihre größte Kraft, verströmen Leichtigkeit und wirken heiter