"Formen der Gewalt" (25.01. - 13.04.2000): Ticket 03_02_2002

SCHLAGRING UND SCHWEIGEN: "Formen der Gewalt" – eine Ausstellung bei Gabriele Rivet.

Von Susanne Boecker


Was ist Gewalt? Seit dem inzwischen schon sprichwörtlichen „11 September“ ist das Thema in unseren Köpfen mit bestimmten Bildern besetzt. Doch neben diesem Nonplusultra gibt es auch ganz andere „Formen der Gewalt“ nicht ganz so spektakulär, eher alltäglich, aber vielleicht deshalb besonders schlimm. Natürlich muss ein Streitgespräch darum, wer nun Recht hat, nicht in einer gewaltsamen Auseinandersetzung enden. Aber es könnte. Die durchaus verbreitete Methode, den anderen durch Schweigen zu strafen, ist da schon weitaus brutaler. Karin Hochstatter respektive Rosemarie Trockel haben diese beiden „ Formen der Gewalt“ in künstlerischen Arbeiten umgesetzt. Zu sehen sind das Video und die Fotoarbeit in der gleichnamigen Ausstellung bei Gabriele Rivet. Die Galeristin hat im Dialog mit den Künstlern eine überraschend vielfältige und nachdenklich stimmende Ausstellung erarbeitet. Werke von 33 Künstlern zeigen ein erschreckend vielfältiges Spektrum an Formen der Gewalt: Gewalt in unserem alltäglichen, achtlosen, konsumbestimmten Umgang mit Pflanzen und Tieren (Karl Bohrmann, Sieglinde Klupsch), Gewalt in unseren "Liebesbeziehungen“ (Jürgen Klauke, Abramovic/ Ulay), Gewalt im Krieg (Hentie van der Merwe, Heike Weber). Die subtile Gewaltausübung von Märtyrern, die „leiden, um Recht zu haben“ prangern Anna und Bernhard Blume an, während Volker Saul das Thema mit einem überdimensionalen Schlagring zu fassen sucht. Vom Krieg in der Kunst handelt Sumi Maros „Battle between Christian Zacharias und Sumi Maro“, von der Gewalt gegen sich selbst Noritoshi Hirakawas Fotoserie von Schweizer Selbstmordbrücken. Am schönsten ist die Gewalt auf den Fotografien von Izima Kaoru, wo sie eine kunstvolle Liaison mit Designermode eingeht. Gabriele Rivet ist das gewichtige Thema unvoreingenommen und offen für die (oft überraschenden) Vorschläge der Künstler angegangen. Gelungen ist ihr eine beeindruckende Schau, die weder in lähmender Betroffenheit versinkt, noch einem oberflächlichen Voyeurismus huldigt.