Ausstellung Scholz, KSTA 31-5-2001

UNFASSBARES OFFEN HALTEN


Sechs Bilder und eine wandgroße Videoinszenierung von Frances Scholz schaffen bei Rivet eine Atmosphäre von schwebender Unfassbarkeit. Ein äußerst bewegter Pinsel hat die rote Farbe über die Leinwand huschen lassen und eine Spur der Leichtigkeit hinterlassen. Spritzer, Rinnsale und andere „Schwierigkeiten“ stehen bloß scheinbar quer zum „Hauptschwung“ den die Farbe nimmt. Und auch Verzerrungen und Krümmungen bestätigen nur die malerische Ein-Sicht, dass Wirklichkeiten nie glatte Angelegenheiten sind. Viel Weiß gehört zu den Bildern, und damit die Offenheit, die der Fantasie erst den nötigen (Spiel-) Raum gibt.
Erstaunt entdeckt man in der kraftvollen roten Geste plötzlich die Bedeutung unscheinbarer, orangener Tupfer. Die schwungvollen Wellen, die den Blick rhythmisieren, erhalten unmerklich einen hörbaren Klang. Und dann erkennt man in der fließenden Struktur unerwartete Brüche und Fransen, die dem Zweifel einige Nahrung liefern. Fast beruhigt stellt man fest, dass die malerische Schönheit, die den Bildern innewohnt, nicht ohne Widerhaken ist. Schließlich ist die Malerei von Frances Scholz ein Bekenntnis, die Dinge offen zu lassen. Es bleibt unentschieden, ob ihre malerischen Gesten reale Gegenstände zum Gegenüber haben oder aus der Stimmung einer diffusen Namenlosigkeit heraus den Weg auf die Leinwand finden.
Das Unfassbare solange wie möglich offen zu halten und zu den eigenen Unentscheidbarkeiten zu stehen ist das malerische „Grundgesetz“, das Frances Scholz auch auf ihre Arbeit mit Video überträgt. In „Rollen“, ihrer jüngsten monumentalen Schwarz-Weiß-Produktion, liegen sieben in Teppiche eingerollte Mädchen auf dem Fußboden. In einem dichten Klangfeld zwischen Aufregung und Besänftigung, Gleichmaß und Bedrohung sind sie einem paradoxen Zustand aus gleichzeitiger Unbeweglichkeit und ständiger Bewegung ausgesetzt. Sie warten, sie suchen, sie nehmen hin, sie hoffen, sie haben wenige Möglichkeiten. Während scheinbar nicht viel passiert, geschieht alles. Und genau in dieser Erfahrung kommt die Kunst dem Leben äußerst nahe.