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UNFASSBARES
OFFEN HALTEN
Sechs Bilder und eine wandgroße Videoinszenierung von Frances Scholz
schaffen bei Rivet eine Atmosphäre von schwebender Unfassbarkeit.
Ein äußerst bewegter Pinsel hat die rote Farbe über die
Leinwand huschen lassen und eine Spur der Leichtigkeit hinterlassen. Spritzer,
Rinnsale und andere Schwierigkeiten stehen bloß scheinbar
quer zum Hauptschwung den die Farbe nimmt. Und auch Verzerrungen
und Krümmungen bestätigen nur die malerische Ein-Sicht, dass
Wirklichkeiten nie glatte Angelegenheiten sind. Viel Weiß gehört
zu den Bildern, und damit die Offenheit, die der Fantasie erst den nötigen
(Spiel-) Raum gibt.
Erstaunt entdeckt man in der kraftvollen roten Geste plötzlich die
Bedeutung unscheinbarer, orangener Tupfer. Die schwungvollen Wellen, die
den Blick rhythmisieren, erhalten unmerklich einen hörbaren Klang.
Und dann erkennt man in der fließenden Struktur unerwartete Brüche
und Fransen, die dem Zweifel einige Nahrung liefern. Fast beruhigt stellt
man fest, dass die malerische Schönheit, die den Bildern innewohnt,
nicht ohne Widerhaken ist. Schließlich ist die Malerei von Frances
Scholz ein Bekenntnis, die Dinge offen zu lassen. Es bleibt unentschieden,
ob ihre malerischen Gesten reale Gegenstände zum Gegenüber haben
oder aus der Stimmung einer diffusen Namenlosigkeit heraus den Weg auf
die Leinwand finden.
Das Unfassbare solange wie möglich offen zu halten und zu den eigenen
Unentscheidbarkeiten zu stehen ist das malerische Grundgesetz,
das Frances Scholz auch auf ihre Arbeit mit Video überträgt.
In Rollen, ihrer jüngsten monumentalen Schwarz-Weiß-Produktion,
liegen sieben in Teppiche eingerollte Mädchen auf dem Fußboden.
In einem dichten Klangfeld zwischen Aufregung und Besänftigung, Gleichmaß
und Bedrohung sind sie einem paradoxen Zustand aus gleichzeitiger Unbeweglichkeit
und ständiger Bewegung ausgesetzt. Sie warten, sie suchen, sie nehmen
hin, sie hoffen, sie haben wenige Möglichkeiten. Während scheinbar
nicht viel passiert, geschieht alles. Und genau in dieser Erfahrung kommt
die Kunst dem Leben äußerst nahe.
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