Bohrmann KSTA 5/10/2000

BOHRMANN IN GALERIE RIVET


Den kurzen Moment einer (wahren) Empfindung durch die besondere Art eines Striches zum Ausdruck zu bringen bestimmt jede einzelne Zeichnung von Karl Bohrmann. Einmal ist es der sanfte Umriss eines Gefäßes, das andere Mal das zarte Schema eines (weiblichen) Körpers, was mit stiller Prägnanz vor Augen führt, dass hinter jedem realen Ding ein geträumtes steht. Gleich mehrere Motivkreise Bohrmanns zeigt die Ausstellung: Gefäße, Leitern, Tische, Fenster, das Meer und die Frau mit dem roten Mantel. Jede Figur, die er aufs Papier bringt, leuchtet in den sanften Farben eines Geheimnisses, das den menschlichen Körper besänftigt und erotisch erscheinen lässt.
Jeder Gegenstand (Flasche, Leiter oder Glas) enthüllt die Poesie eines Alltags, der gewöhnlich für banal und farblos gehalten wird. Und jede Landschaft, die er mit wenigen Linien erfasst, wird zu einem Bild für die Weite einer Sehnsucht, die grenzenlos ist. Vielfach hat er auf benutzte Papiere gezeichnet, in denen sich die Zeichen der Vergänglichkeit durch bewegte Striche zu rhythmischen Figurationen verwandeln.
Größte Einfachheit verbindet sich mit größter Leichtigkeit, ausgedrückt in einer Flüchtigkeit, die sowohl dem Prinzip unserer Wahrnehmung entspricht wie der Einsicht, dass man von den Menschen und Dingen immer nur ein vages Schema erkennt. Bohrmann hat sich voller Zärtlichkeit und Vorsicht an seine Motive herangetastet, ohne sie zu ergreifen. Es sind stille, verschwiegene Blicke, aus denen größte Achtsamkeit und Anteilnahme spricht. (JK)