BOHRMANN
IN GALERIE RIVET
Den kurzen Moment einer (wahren) Empfindung durch die besondere Art eines
Striches zum Ausdruck zu bringen bestimmt jede einzelne Zeichnung von
Karl Bohrmann. Einmal ist es der sanfte Umriss eines Gefäßes,
das andere Mal das zarte Schema eines (weiblichen) Körpers, was mit
stiller Prägnanz vor Augen führt, dass hinter jedem realen Ding
ein geträumtes steht. Gleich mehrere Motivkreise Bohrmanns zeigt
die Ausstellung: Gefäße, Leitern, Tische, Fenster, das Meer
und die Frau mit dem roten Mantel. Jede Figur, die er aufs Papier bringt,
leuchtet in den sanften Farben eines Geheimnisses, das den menschlichen
Körper besänftigt und erotisch erscheinen lässt.
Jeder Gegenstand (Flasche, Leiter oder Glas) enthüllt die Poesie
eines Alltags, der gewöhnlich für banal und farblos gehalten
wird. Und jede Landschaft, die er mit wenigen Linien erfasst, wird zu
einem Bild für die Weite einer Sehnsucht, die grenzenlos ist. Vielfach
hat er auf benutzte Papiere gezeichnet, in denen sich die Zeichen der
Vergänglichkeit durch bewegte Striche zu rhythmischen Figurationen
verwandeln.
Größte Einfachheit verbindet sich mit größter Leichtigkeit,
ausgedrückt in einer Flüchtigkeit, die sowohl dem Prinzip unserer
Wahrnehmung entspricht wie der Einsicht, dass man von den Menschen und
Dingen immer nur ein vages Schema erkennt. Bohrmann hat sich voller Zärtlichkeit
und Vorsicht an seine Motive herangetastet, ohne sie zu ergreifen. Es
sind stille, verschwiegene Blicke, aus denen größte Achtsamkeit
und Anteilnahme spricht. (JK)
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