Worthen KSTA 26/5/1999

Kunststoff Silikon

Charles Worthens Leidenschaft gilt dem Silikon. Die meisten seiner Objekte sind weich, rund und knautschbar. Sie wecken haptische Urinstinkte und bereiten fröhliche Stimmung. In knallbunten Farben strahlen sie von der Wand herab, oder sie lümmeln sich am Boden herum, auf den Besucher wartend, der mit ihnen ein Spiel beginnt.
So wie etwa „Red Crawler“, der mit seinen roten Tentakelärmchen auf seinem Sockel herumhängt und gewichtig seine Kugelenden in den Raum streckt. Dabei glitzert das Licht auffordernd über die kantige Oberfläche des Silikons. Ganz anders, ihm zu Füßen „Shuffle“, zwei überdimensional große Plastikfüße ohne Oberkörper, oder besser gesagt, ein Riesenschritt. Eine ausgefallene Sitzgelegenheit aus der Phantasieschule des Designers Verner Panton wäre denkbar, wenn da nicht die zahlreichen Silikonstachel die Idee des Sitzens weniger einladend erscheinen ließen. Dann entscheidet man sich doch lieber für die Idee, möglicherweise vor den silikongewordenen Beinen Daisy Ducks zu stehen, die den letzten Schrei der Entenhausener Strumpfmode vorführt.
Charles Worhtens Welt ist die der Kindheit, voller Phantasie und Tagträume. In Japan geboren, wuchs er mit Plastikspielsachen auf, leuchtend bunt und phantasiegeladen überträgt er nun eben diese Eigenschaften seinen Objekten, die wiederum die Aufgabe erhalten, für eine angemessene Präsenz von Phantasie und die Lust am Spiel in der Erwachsenenwelt zu sorgen. Frühere Arbeiten thematisieren das Prozeßhafte wie etwa den dehnbaren oder zähflüssigen Charakter des Silikons.
Die jüngsten Objekte jedoch fordern als eigenständige Silikonwesen die Phantasie des Betrachters, wie etwa „Spring Slice“, eine Frühlingsvision des nächsten Jahrtausends, in der die Blumen auch im Winter blühen können. Reine Phantasie - oder wie war das noch gleich in den vergangenen Jahren mit den Blumen und dem Schnee im Frühling? (roo)