Eigentlich
sind die Arbeiten von Annebarbe Kau extrem sinnlich und überhaupt
nicht zu beschreiben. Was hier passiert, erfordert den ganzen Menschen:
Nicht nur genaues Hinsehen, auch Hinhören, Lauschen, Fühlen
ist notwendig. Nur vor Ort läßt sich ein Gespür entwickeln
für die feineren Impulse dieser eigenartigen, mit dickem Plüschfell
oder robuster Plastikfolie bewehrten Organismen.
Trotz Einbeziehung der Klangebene bleibt die Situation übersichtlich.
Jedes einzelne der drei Objekte im Hauptraum der Galerie beansprucht unbedingte
Autonomie. Optische und akustische Signale treten nicht in Wettstreit,
sondern stützen sich gegenseitig. Die Blume(1998) buhlt
mit ihren menschlichen Hallo-Rufen ebenso hartnäckig um Aufmerksamkeit
wie mit dem knalligen Outfit in Gelb-Orange, allerdings laufen ihre Appelle
ins Leere. Ohne Empfänger ausgestattet, bleiben alle Bemühungen
fruchtlos; sie dreht sich im Kreis wie ein Vogel im Käfig.
Das zweite Klangobjekt Voll Blau (1999) arbeitet mit entgegengesetzten
Mitteln: Statt durch starke Reize auf sich aufmerksam zu machen, setzt
es auf Entzug. Zu sehen ist lediglich eine blaue Abdeckplane, unklar bleibt,
was sich darunter verbirgt. Eine verhüllte Akkumulation unbekannter
Masse, die dann und wann einen tiefen, vibrierenden Ton von sich gibt.
Er breitet sich in dem blauen Volumen aus, ohne die Oberflächen zu
durchbrechen, wie Laute unter Wasser.
Wenn ausgerechnet bei der dritten Arbeit, einem Video-Objekt, auf den
Ton verzichtet wird, heißt das nicht, daß der Ton hier keine
Rolle spielt. Die gewohnten Wahrnehmungsmuster werden nicht bedient, wenn
laufende Bilder stumm zu sehen sind. Die Bilder selbst bekommen
desto größeres Gewicht. Vor allem, wenn auch noch der Monitor
mit einer Gepäckspinne an die Wand gespannt wird. Rosa
(1999) bringt den Begriff Wandarbeit in einen ganz neuen Zusammenhang,
auch durch die Verbindung von Objekt und farbiger Wandgestaltung.
Annebarbe Kau ist in nahezu allen Disziplinen zu Hause. Buntstiftzeichnungen
auf Papier, fliegengewichtige Kordel- und Drahtzeichnungen
bilden die Gegenpole zur schweren Körperhaftigkeit der Video- und
Klangobjekte. Auf keinen Fall versäumen sollte man das Abhören
der WC-CD, die eigens als Edition zur Ausstellung erschienen
ist.
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