Annebarbe Kau
Sabine Müller: "Buhlschaft der Blume". Ausstellungsbesprechung bei Galerie Gabriele Rivet.
In: Kölner Stadt-Anzeiger vom 30.03. 1999
 
 

Eigentlich sind die Arbeiten von Annebarbe Kau extrem sinnlich und überhaupt nicht zu beschreiben. Was hier passiert, erfordert den ganzen Menschen: Nicht nur genaues Hinsehen, auch Hinhören, Lauschen, Fühlen ist notwendig. Nur vor Ort läßt sich ein Gespür entwickeln für die feineren Impulse dieser eigenartigen, mit dickem Plüschfell oder robuster Plastikfolie bewehrten Organismen.

Trotz Einbeziehung der Klangebene bleibt die Situation übersichtlich. Jedes einzelne der drei Objekte im Hauptraum der Galerie beansprucht unbedingte Autonomie. Optische und akustische Signale treten nicht in Wettstreit, sondern stützen sich gegenseitig. Die „Blume“(1998) buhlt mit ihren menschlichen Hallo-Rufen ebenso hartnäckig um Aufmerksamkeit wie mit dem knalligen Outfit in Gelb-Orange, allerdings laufen ihre Appelle ins Leere. Ohne Empfänger ausgestattet, bleiben alle Bemühungen fruchtlos; sie dreht sich im Kreis wie ein Vogel im Käfig.

Das zweite Klangobjekt „Voll Blau“ (1999) arbeitet mit entgegengesetzten Mitteln: Statt durch starke Reize auf sich aufmerksam zu machen, setzt es auf Entzug. Zu sehen ist lediglich eine blaue Abdeckplane, unklar bleibt, was sich darunter verbirgt. Eine verhüllte Akkumulation unbekannter Masse, die dann und wann einen tiefen, vibrierenden Ton von sich gibt. Er breitet sich in dem blauen Volumen aus, ohne die Oberflächen zu durchbrechen, wie Laute unter Wasser.
Wenn ausgerechnet bei der dritten Arbeit, einem Video-Objekt, auf den Ton verzichtet wird, heißt das nicht, daß der Ton hier keine Rolle spielt. Die gewohnten Wahrnehmungsmuster werden nicht bedient, wenn laufende Bilder „stumm“ zu sehen sind. Die Bilder selbst bekommen desto größeres Gewicht. Vor allem, wenn auch noch der Monitor mit einer Gepäckspinne an die Wand gespannt wird. „Rosa“ (1999) bringt den Begriff „Wandarbeit“ in einen ganz neuen Zusammenhang, auch durch die Verbindung von Objekt und farbiger Wandgestaltung.

Annebarbe Kau ist in nahezu allen Disziplinen zu Hause. Buntstiftzeichnungen auf Papier, fliegengewichtige „Kordel-“ und „Drahtzeichnungen“ bilden die Gegenpole zur schweren Körperhaftigkeit der Video- und Klangobjekte. Auf keinen Fall versäumen sollte man das Abhören der „WC-CD“, die eigens als Edition zur Ausstellung erschienen ist.