Kölner Stadt Anzeiger 27/07/1996
Schwung für den Raum
Volker Saul in der Galerie Rivet

Die großen Raum- und Wandarbeiten von Volker Saul haben ihren Ursprung in der vergleichsweise privaten Tätigkeit des Zeichnens. Zunächst füllt der Künstler Blatt um Blatt mit Formexperimenten. Spontaneität und Unmittelbarkeit sind diesen ersten Notizen zu eigen. Aus dem innerhalb einer bestimmten Zeit entwickelten Zeichensystem wählt der Künstler Zeichensystem wählt der Künstler dann einige wenige, für die Weiterentwicklung zu einer Wandarbeit geeigneten Formideen aus. In diesen Raumveränderungen geht es Volker Saul um die Durchdringung des Raumes mit Form und Farbe und dabei um Ausgewogenheit und Selbstverständlichkeit, die aus dem Dialog mit dem Raum entstehen.
Sechs Formen aus einer bestimmten Zeichen- oder Zeichnungs-Serie hat Volker Saul für den Ausstellungsraum von Gabriele Rivet ausgesucht. Die Formen, die Saul eher findet als bewußt schafft, die dennoch seine individuelle Handschrift tragen, dürfen, so der Künstler, weder zu banal noch zu assoziationsreich sein. Ihre Anzahl wird durch die architektonische Gliederung des Raumes vorgegeben. Die Wände hat Saul zum Teil in einem matten, lichten Blau gestrichen, zum Teil weiß belassen.
Mit einer gewissen Heiterkeit und Leichtigkeit, die in diesem Blauton liegen, wird der Atmosphäre des Raumes entsprochen, die nicht zuletzt durch seine Lage im letzten Stockwerk - fast im blauen Himmel - bestimmt wird. Die muschelartigen Formen auf den Wandabschnitten, weiß in blauer Wandfläche bzw. blau in weißer Fläche, sind scharf geschnitten, die Zeichnung ist reduziert auf die Funktion einer Umrißlinie. Schwungvoll und spontan wirken sie dennoch. Die Formen sind einander ähnlich, korrespondieren miteinander, bleiben aber Einzelpersönlichkeiten. In ihnen liegt eine Bewegung, die den Besucher durch den Raum trägt.
Die formalistischen Überlegungen der jüngsten abstrakten Malerei erprobt Volker Saul im Raum. Während die Farbe eher auf das unbewußte Befinden des Betrachters wirkt, setzen diese Formen konkretere visuelle Akzente. Sie verleihen dem Raum einen besonderen Klang, eine charakteristische Stimmung. (B.E.)